Archiv 2007:
Einzelaufzeichnungspflicht von Bargeschäften klargestellt
Mit dem Betrugsbekämpfungsgesetz 2006 wurden die Formvorschriften für die Führung von Büchern und Aufzeichnungen verschärft. Seit 1. Jänner 2007 sind Bareinnahmen und -ausgänge grundsätzlich täglich einzeln aufzuzeichnen. Diese Verschärfung hat bei vielen Steuerpflichtigen für Unsicherheiten und Protesten über Art und Umfang der neuen Aufzeichnungspflichten geführt.
Die Finanzverwaltung hat mittlerweile in der „BarbewegungsVO“ einige Erleichterungen vorgesehen, die weiterhin eine vereinfachte Losungsermittlung durch Kassasturz ermöglichen. Die Voraussetzungen dafür werden in einem Durchführungserlass (sowie ergänzenden Erläuterungen) präzisiert:
- Die Nettoumsätze pro Betrieb und Jahr dürfen € 150.000,- nicht übersteigen, wobei bei Rumpfwirtschaftsjahren die Grenze durch eine Hochrechnung des Umsatzes ermittelt wird. Bei einem Betriebsübergang werden auch die vorangegangenen Zeiträume beim Rechtsvorgänger berücksichtigt. Ein einmaliges Überschreiten der Umsatzgrenze bis 15% innerhalb von drei Jahren ist unschädlich.
- Für Umsätze von Haus zu Haus an öffentlichen Orten, jedoch nicht in oder in Verbindung mit fest umschlossenen Räumlichkeiten, ist ebenfalls die vereinfachte Losungsermittlung zulässig. Unter öffentlichen Orten sind allgemein zugängliche Wege, Straßen und Plätze zu verstehen. Beschränkungen in Form von Eintrittsgeldern (z.B. Strandbad) sind dabei nicht schädlich. Die Abgrenzung von fest umschlossenen Räumlichkeiten und offenen Verkaufsbuden kann vor allem bei Verkaufsfahrzeugen schwierig sein. Die Erleichterung kommt zur Anwendung, wenn die Verkaufsbude zumindest nach einer Seite hin vollständig offen ist. Dies gilt auch bei einem Verkaufsbus, sofern der Verkauf und das Inkasso im Freien vor dem Bus stattfinden und der Bus lediglich als Lagerraum dient. Die Erleichterungen gelten auch für Verkäufe im Freien, Ausschank unter Schirmen und Zeltdächern im Freien (Schneebar) sowie auf Jahrmärkten. Derartige Umsätze sind bei der Ermittlung der o.a. Umsatzgrenze nicht einzubeziehen.
Beispiel: Mitarbeiter eines Eissalons verkaufen auch mit einem fahrbaren Eiswagen im Strandbad. Gesamtumsatz € 200.000,-, davon € 55.000,- mobiler Eisverkauf, daher maßgebliche Umsatzgrenze € 145.000,-. In diesem Fall kann die vereinfachte Losungsermittlung sowohl für den Eissalon als auch für den mobilen Eisverkauf erfolgen.
Hingegen gelten als Umsätze in Verbindung mit fest umschlossenen Räumen bei Verkäufen in Schanigärten, Kioskverkäufe, Verkauf von Holz, das sich auf einem neben dem Sägewerk gelegenen Lagerplatz befindet oder Tankstellenumsätze (mit Tankwarthaus).
Weitere Klarstellungen laut Durchführungserlass
- Branchenpauschalierung: Aufzeichnungspflichten bestehen nur hinsichtlich jener Größen, die nicht pauschal ermittelt werden.
- Strichlisten dienen primär der Grundlagensicherung und nicht der Losungsermittlung. Sie sind nur dann als Einzelaufzeichnungen ausreichend, wenn sie die Umsätze geschäftsfallbezogen darstellen und aus den Aufzeichnungen das Datum, der Bezug zu einem Geschäftsfall, der Einzelpreis je Artikel und die Anzahl der verkauften Artikel hervorgehen. Dies kann daher in Tabellenform erfolgen, wo z.B. für jeden Geschäftsfall eine eigene Zeile vorgesehen ist. Die Artikel befinden sich nach Preisen geordnet in einzelnen Spalten, wobei für jeden Bareingang durch Mengenangabe oder Anzahl der Striche die Anzahl der verkauften Artikel hervorgeht.
- Tischabrechnung: Diese Erleichterung ist bei Bonierung des Gesamttisches und zeitnaher Bezahlung der Kunden vorgesehen.
- Automatenumsätze: Sind Zählwerke vorhanden, müssen die Zählwerkstände aufgezeichnet werden. Bei Automaten mit gleichpreisigen Waren kann der Einzelumsatz durch Division von Kasseninhalt und Einzelpreis ermittelt werden. Bei Automaten mit unterschiedlichen Preisen lassen sich die verkauften Waren und erzielten Einnahmen durch Bestandsverrechnung (Endbestand minus Anfangsbestand bzw. Nachfüllmenge, sowie ermittelte Einnahmen durch Kassenentleerung) ermitteln. Für Glückspielautomaten gilt Einzelaufzeichnungspflicht.
- Stock- oder Standverrechnung (Vergleich von Flüssigkeitsständen am Beginn und Ende der Schicht zur Ermittlung der ausgeschenkten Menge). Dieser in der Gastronomie durchaus übliche Vorgang zur Kontrolle der Mitarbeiter ersetzt keine ordnungsgemäße Losungsermittlung, zumal es hier an der Einzelaufzeichnung der Umsätze fehlt.
Verletzung der Formvorschriften ist keine Ordnungswidrigkeit aber eine Schätzung droht
Werden die Formvorschriften des § 131 BAO verletzt, ist zwar die Ordnungsmäßigkeit der Bücher und Aufzeichnungen i.S. des § 163 BAO nicht gegeben, eine Schätzungsberechtigung der Behörde zieht sie allerdings nicht automatisch nach sich. Vielmehr ist nach der Sachlage des Einzelfalls zu prüfen. Erst bei Verletzung der gesetzlich auferlegten Mitwirkungspflicht ist eine Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen nicht möglich. Im Fall der Schätzungsberechtigung hat die Behörde aber den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen und die vorliegenden Beweismittel entsprechend zu würdigen.
Inkrafttreten
Wenn Unternehmer im Wirtschaftsjahr 2006 oder bei abweichendem Wirtschaftsjahr 2006/2007 bereits Einzelaufzeichnungen geführt und die Umsatzgrenze von € 150.000,- überschritten haben, darf die vereinfachte Losungsermittlung in der Folge nicht mehr in Anspruch genommen werden. Bei einem Betriebsübergang sind die beim Rechtsvorgänger vorangegangenen Wirtschaftsjahre heranzuziehen.
Für Betriebe, die bisher eine vereinfachte Losungsermittlung vorgenommen haben, gilt eine Übergangsregelung. Sie sind bei Überschreiten der Umsatzgrenzen in den Jahren 2005 und 2006 erst ab 1. Jänner 2008 zu Einzelaufzeichnungen verpflichtet.