Archiv 2017:
Aktuelles zum Recht auf Vorsteuerabzug bei fehlenden Rechnungsmerkmalen
Wir hatten Sie bereits in der KI 01/17 über ein für Unternehmer sehr erfreuliches EuGH-Urteil informiert. In diesem Urteil hielt der EuGH fest, dass unzureichende Angaben zum Leistungszeitraum oder zum Leistungsgegenstand auf der Rechnung durch zusätzliche Dokumente oder Unterlagen ergänzt werden können. Sofern der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass die allgemeinen Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug erfüllt sind (Leistung wurde für das Unternehmen ausgeführt udgl.), darf die Finanzverwaltung einen Vorsteuerabzug daher nicht versagen oder rückwirkend streichen. Der in der Vergangenheit geltend gemachte Vorsteuerabzug kann somit in diesen Fällen bestehen bleiben, auch wenn die ursprüngliche Rechnung nicht korrigiert wird.
Der EuGH hat sich in einem weiteren Verfahren (Rs C-518/14 Senatex vom 15. September 2016) außerdem mit der Frage beschäftigt, welche zeitliche Wirkung Rechnungskorrekturen entfalten. Ausgangspunkt war, dass für eine Provisionsleistung mittels einer formell nicht korrekt ausgestellten Rechnung Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. So rechnete das deutsche Unternehmen u.A. im Gutschriftsverfahren an seine Leistungserbringer ab, auf den Gutschriften fehlte allerdings der Hinweis auf die Steuernummer bzw. die UID-Nummer des Leistungserbringers. Im Zuge einer Betriebsprüfung wurde der Vorsteuerabzug im prüfungsrelevanten Zeitraum aufgrund von formell unrichtigen Provisionsabrechnungen versagt. Noch während der Betriebsprüfung wurden korrigierte Rechnungen vorgelegt – die Finanzverwaltung vertrat allerdings die Ansicht, dass die Rechnungskorrekturen nicht für den vergangenen Zeitraum gelten können, sondern erst mit aktuellem Datum Wirkung entfalten würden. Somit stünde zwar im Endeffekt ein Vorsteuerabzug zu, allerdings erst ab dem Vorliegen der berichtigten Rechnungen. Für die zu früh geltend gemachte Vorsteuer wären daher Nachzahlungszinsen zu entrichten. Nach deutschem Recht besteht nach erbrachter Leistung ein Vorsteuerabzug nämlich erst dann, wenn eine formell korrekte Rechnung ausgestellt wurde. Solange eine Rechnung nicht formell korrekt ausgestellt wurde, besteht daher noch kein Recht auf Vorsteuerabzug. Erst im Zeitpunkt, in dem eine korrekte Rechnung vorliegt, steht dieser zu. Wird die Vorsteuer zu früh geltend gemacht, so fallen in Deutschland Nachzahlungszinsen an. Die österreichische Rechtslage entspricht im Wesentlichen der deutschen Rechtslage, anstelle von Nachzahlungszinsen fällt in Österreich allerdings ein 2%iger Säumniszuschlag an.
Der EuGH betonte in seiner Entscheidungsfindung, dass das Vorliegen einer Rechnung zwar grundsätzlich eine Voraussetzung zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist, es aber möglich ist, eine formell nicht korrekte Rechnung später zu berichtigen. Dass die Rechnungen im ursächlichen Fall ordnungsgemäß berichtigt wurden, war unstrittig. Offen war jedoch die Frage, ob eine Berichtigung den ursprünglich geltend gemachten Vorsteuerabzug heilt oder ob der Vorsteuerabzug erst ab jenem Zeitpunkt zusteht, in dem die Berichtigung erfolgte. Der EuGH entschied positiv für den Steuerpflichtigen, dass eine Rechnungsberichtigung zur Erlangung des Vorsteuerabzugs rückwirkend zu gelten hat. Die gegenteilige Ansicht würde nämlich dem Grundgedanken des Gemeinschaftsrechts widersprechen.
Dieses EuGH-Urteil wurde noch nicht in die österreichischen Umsatzsteuerrichtlinien aufgenommen. Somit bleibt abzuwarten, wie dieses Urteil die österreichische Finanzverwaltungsansicht beeinflussen wird. Fest steht jedoch, dass einem übertriebenen Formalismus von Seiten der Finanzverwaltung durch den EuGH ein klarer Riegel vorgeschoben wurde. Sofern also die UID-Nummer des Leistungserbringers auf Rechnungen fehlt, sollte dieser formelle Mangel unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH jedenfalls rückwirkend korrigierbar sein. Ob dies für die Korrektur sämtlicher Formalfehler gelten wird, bleibt abzuwarten.