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Archiv 2007:

Bescheidabänderung auf Grund eines rückwirkenden Ereignisses

Die Qualität eines Gesetzes ist i.d.R. an seinem Umfang messbar. Je kürzer und klarer umso besser. § 295a BAO besteht aus einem Satz und lautet:

Ein Bescheid kann auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bescheid oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.

Umso umfangreicher fällt die Richtlinie des BMF vom 29. November 2006 hinsichtlich der Präzisierung „rückwirkender Ereignisse“ aus. Als solche sind sachverhaltsändernde Geschehnisse hinsichtlich Tatsachen, Willenserklärungen von Parteien oder Amtshandlungen zu verstehen, die das materielle Abgabenrecht betreffen.

Nicht darunter fallen formelle Änderungen wie rückwirkende Änderungen von Abgabenvorschriften, von Rechtsprechung oder Erlässen, was auch dem Rechtsschutz von Abgabenpflichtigen dienen kann. Ferner ist diese Bestimmung dann nicht anwendbar, wenn es ausdrücklich in einer Abgabenvorschrift angeordnet ist.

Ob ein rückwirkendes Ereignis nach Eintritt der formellen Rechtskraft des Bescheides auch tatsächlich rückwirkt, ist also eine Frage des Inhalts bzw. der Auslegung materieller Abgabenvorschriften.

In der zit. RL des BMF erfolgt eine umfangreiche Aufzählung von einschlägigen Beispielen, von welchen in der Folge einige erwähnt seien:

  • Entrichtete ausländische Abgaben in den Folgejahren sind für das Jahr auf die inländische Steuer anzurechnen, für das sie entrichtet worden sind. Eine nachträgliche Besteuerung oder Beseitigung einer Besteuerung lt. DBA ist ein rückwirkendes Ereignis.
  • Einkommensteuer

Nachträgliche Einnahmen / Ausgaben oder Wegfall derselben wie z.B.: Nachzahlung von Pensionen; Ersatz von Ausgaben, die als a.g. Belastung geltend gemacht wurden; Ersatz von Werbungskosten durch den Arbeitgeber; nachträgliche Werbungskosten oder Erlösminderungen bei Spekulations- oder Veräußerungsgeschäften.

Anrechnung von entrichteten Erbschafts- oder Schenkungssteuern auf die Einkommensteuer bei Veräußerung von Wirtschaftsgütern, Beteiligungen bzw. Veräußerungsgewinnen.

Anfechtung von Rechtsgeschäften wegen Irrtums, List oder Furcht.

Rückwirkende Gewährung von Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag sowie Familienbeihilfe.

  • Weitere Beispiele sind angeführt für: KStG, UmgrStG, GrEStG, ErbStG, GebG, KVStG, VersStG und NeuFöG.

Antrag

Dieser ist schriftlich einzubringen. Legitimiert ist auch der Kommanditist bei Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften. Der Antrag ist sinnvollerweise gem. § 205 Abs. 6 BAO auf die vorgeschriebenen Anspruchszinsen zu erweitern, um deren Herabsetzung oder Nichtfestsetzung zu erwirken, wobei auch hier die € 50,- Grenze zu beachten ist. Obwohl diese Bestimmung mit 31. Dezember 2004 in Kraft getreten ist, ist sie auch anwendbar für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Abgabenansprüche, eingetretene rückwirkende Ereignisse und erfolgte Festsetzungen von Anspruchszinsen.

Ermessen

Die Abänderung liegt im Ermessen der Behörde unabhängig davon, ob der Antrag von der Partei stammt oder von Amts wegen erfolgt und ob zugunsten oder zum Nachteil der Partei. Der Ermessensspielraum ist allerdings vom Grundsatz über Treu und Glauben, sowie den Richtlinien für die Abgabeneinhebung bestimmt.

Anfechtbarkeit der Abänderung

Der Abänderungsbescheid ist mit Berufung nur dem Grunde nach, sowie hinsichtlich der Abänderung anfechtbar.

Verjährung

Abänderungen sind nur bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zulässig. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist. Sie sind auch noch nach Verjährungseintritt sachlich zu erledigen, wenn der Antrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht wurde. Nach Ablauf der absoluten Verjährungsfrist von 10 Jahren nach Entstehung des Abgabenanspruches, ist eine Abänderung aber nicht mehr zulässig.

Zeitliche Anwendung

§ 295a BAO ist am 20. Dezember 2003 in Kraft getreten und ist auch dann anwendbar, wenn der betroffene Bescheid vor Inkrafttreten erlassen wurde bzw. das rückwirkende Ereignis vor Inkrafttreten eingetreten ist.