Archiv 2011:
Highlights aus dem Umsatzsteuerprotokoll 2011
Im jüngst veröffentlichten Umsatzsteuerprotokoll (28.9.2011, BMF-010219/0225-VI/4/2011) hat die
Finanzverwaltung wiederum zu einigen Zweifelsfragen im Bereich der Umsatzsteuer Stellung
genommen:
- Wohnungsvermietung an eine unterhaltsberechtigte Person: grundsätzlich werden
Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen steuerlich anerkannt, wenn
diese zu fremdüblichen Konditionen abgeschlossen werden. Im Falle der Vermietung an
eine unterhaltsberechtigte Person (z.B. studierendes Kind) gilt dies nach Auffassung der
Finanzverwaltung jedoch nicht. Die Erfüllung von Unterhaltsansprüchen stellt keine
unternehmerische Tätigkeit dar. Es können daher weder Vorsteuern geltend gemacht noch
Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden. - Keine Steuerbefreiung für Privatlehrer bei überwiegend organisatorischen Tätigkeiten:
unter die Befreiung fallen Umsätze aus der Unterrichtserteilung an öffentlichen Schulen,
(umsatzsteuerbefreiten) Privatschulen und schulähnlichen Einrichtungen. Organisatorische
Tätigkeiten fallen jedoch nur unter die Befreiung, wenn sie von untergeordnetem Ausmaß
sind und sich unmittelbar auf die Unterrichtstätigkeit beziehen (z.B. Vervielfältigung von
Präsentationsunterlagen). Andere organisatorische Aktivitäten (z.B. zeitliche Einteilung,
Absprache mit anderen Vortragenden, Reservierung von Räumlichkeiten) stellen
eigenständige Tätigkeiten dar. Das dafür erhaltene Entgelt kann nach Ansicht der
Finanzverwaltung daher nicht unter die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit b UStG fallen. - Umsätze eines Heilmasseurs: Heilmasseure i.S.d. „Medizinischer Masseur- und
Heilmasseurgesetzes MMHmG“ erbringen nach Auffassung der Finanzverwaltung keine
ärztlichen Leistungen gemäß § 6 Abs. 1 Z 19 UStG und sind daher nicht
umsatzsteuerbefreit während die Leistungen von Physiotherapeuten (MTD-Gesetz)
hingegen unter die Umsatzsteuerbefreiung fallen. Diese Unterscheidung ist den
Ausführungen im Umsatzsteuerprotokoll folgend deshalb gerechtfertigt, da
Physiotherapeuten eine gegenüber den Heilmasseuren inhaltlich und zeitlich deutlich
umfassendere Ausbildung an einer medizinisch-technischen Akademie zu absolvieren
haben, eine Diplomprüfung (einschließlich Diplomarbeit) ablegen müssen oder an einer
österreichischen Fachhochschule einen Bakkalaureatsstudiengang erfolgreich abschließen
müssen. - Zeitschriftenabo mit Online-Anteil: ist mit einem Zeitschriftenabo automatisch auch ein
Online-Zugang verbunden und hat der Kunde keine Möglichkeit, nur eines der beiden
Produkte zu wählen, so liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung dennoch keine einheitliche
Leistung vor. Dies führt dazu, dass der Pauschalpreis umsatzsteuerlich in einen 10%igen
(Zeitschrift) und 20%igen (Onlinezugang) Teil getrennt werden muss. Als mögliche
Aufteilungsschlüssel werden der Marktwert der Leistungen oder das Verhältnis der Kosten
angesehen. - Kurzfristige Vermietung einer Ferienwohnung: die Finanzverwaltung äußert hierzu die
Meinung, dass die Vermietung einer Ferienwohnung keine Beherbergungsleistung sondern
eine Vermietung von Grundstücken darstellt. Im konkreten Fall wurde diese Sichtweise damit
begründet, dass das Fehlen einer laufenden Reinigung, die gesonderte Abrechnung von
Strom nach dem Verbrauch sowie die gesonderte Entgeltsverrechnung für die
Zurverfügungstellung von Bettwäsche und Handtüchern umsatzsteuerlich gegen eine
Beherbergung sprechen. Dies führt dazu, dass die Bereitstellung von Strom, Bettwäsche und
Handtüchern als selbständige Leistungen angesehen werden und daher dem
Normalsteuersatz von 20% unterworfen werden. Insgesamt wirft diese Sichtweise einige
Fragen auf. Unklar ist beispielweise ob im Falle eines Pauschalpreises ebenfalls eine
Aufteilung zu erfolgen hat bzw. ob dann nicht auch die Bereitstellung von Möbeln dem
20%igen Steuersatz zu unterwerfen wäre (im Protokoll wird dies aufgrund von
Unwesentlichkeit nicht als eigenständige Leistung behandelt). - Umtausch einer Heizungsanlage bei Wohnungseigentumsgemeinschaften: § 10 Abs. 2 Z
4 lit d UStG sieht für die Leistungen von Personenvereinigungen zur Erhaltung, Verwaltung
oder zum Betrieb der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer
Liegenschaft (an denen Wohnungseigentum besteht und die Wohnzwecken dienen) die
Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz von 10% vor. Wird eine technisch
funktionstüchtige Ölheizung auf eine Gasheizung umgestellt, so stellt dies eine grundsätzlich
begünstigte Erhaltungsmaßnahme dar, wobei die Abgrenzung zwischen Herstellung (nicht
begünstigt) und Erhaltung nicht nach ertragsteuerlichen sondern nach mietrechtlichen
Bestimmungen zu erfolgen hat. Der 10%ige Steuersatz ist aber nur insoweit zulässig, als die
Maßnahme nicht der Lieferung von Wärme (immer 20%) zuzuordnen ist. Praktisch wird
daher der ermäßigte Steuersatz wohl nur auf Heizungsteile zur Anwendung kommen, die zur
Aufbereitung von Warmwasser dienen. - Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld bei Krankenkassenersätzen: ärztlich
verordnete Hörgeräte, deren Kosten zum Teil von Krankenkassen übernommen werden,
werden oftmals vom Patienten bei speziellen Fachgeschäften bezogen. Diese kassieren
vom Patienten i.d.R. den Selbstbehalt und rechnen den übrigen Betrag direkt mit der
jeweiligen Krankenkasse ab. Fraglich war, wann die Steuerschuld für die Aufzahlung durch
den Kunden und für den Krankenkassenersatz entsteht. Soweit der Überlassung von
Hörgeräten ein sozialversicherungsrechtlicher Sachleistungsanspruch zu Grunde liegt, stellen
die Zahlungen der Patienten Anzahlungen (Besteuerung im Zeitpunkt der Vereinnahmung)
dar. Die Steuerschuld für die Lieferung an die Krankenkasse entsteht mit Genehmigung
des Hörgeräts.